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Die Heiligen Drei Könige

Bertram Dickerhof SJ, Januar 2019

Besonders anregend während der gerade zurückliegenden Weihnachtszeit fand ich die Begegnung mit folgenden biblischen Gestalten: den Magiern aus dem Osten und Maria, der Mutter Jesu.

Die Magier aus dem Osten, aus denen das Mittelalter die heiligen drei Könige gemacht hat, sind auf Suche nach dem „neugeborenen König der Juden”. Wie ihnen geht auch uns manchmal ein Stern auf; ein Himmelslicht, das unsere Sehnsucht weckt nach „etwas”, das von ganz anderer Art ist als die Welt, in der jeder von uns lebt. Und wir wünschen uns, es zu finden und ihm huldigen zu können, weil wir hoffen, dann endlich angekommen zu sein und in ihm unser Alles gefunden zu haben.

Wer allerdings, wie die Magier, diesem „Etwas”, wofür der Stern steht, einen Begriff und eine Vorstellung gibt – ihre ist „der neugeborene König der Juden”, – und aus dieser Deutung die entsprechenden Schlüsse zieht – der neugeborene König der Juden ist natürlich in Jerusalem geboren – der wird, wie sie, nicht mehr nach dem Stern ausschauen müssen und enttäuscht in Jerusalem stranden, d.h. Dynamiken begegnen, die das Bestehende festhalten, von Veränderung nichts wissen wollen und mit Abwehr und Zweifel reagieren. Solche Jerusalem-Phasen sind wohl unvermeidlich und auch nötig, weil erst durch Ent–täuschungen hindurch allmählich das Reisen „in der Nacht” gelernt wird, bei dem Orientierung durch Sinneseindrücke ja nicht mehr möglich ist. Nur wer hellwach und in der Einheit des Bewusstseins unterwegs ist, kann den Stern sehen und ihm folgen – punktgenau zu dem Ort, an dem das Gesuchte daheim ist.

Mit anderen Worten: wer nach der Vorstellung sucht, die er sich macht von dem, was über unsere Welt hinausgeht, der kann das Vorgestellte vielleicht erfahren, aber er findet nicht das Gesuchte, da es über unsere Welt hinausgeht. Dieses ist nämlich ganz anders als jede mögliche Vorstellung oder jeder Begriff davon. Wer so Erleuchtung sucht oder Gott oder Erlösung, der wird nichts davon finden: Erleuchtung, Gott, Erlösung übersteigen unsere Welt.

Also kommt es darauf an, solches Suchen einzustellen und sich finden zu lassen. Die Botschaft von Weihnachten ist ja gerade, dass Gott den Menschen sucht und sich ihm mitteilen will. Derjenige, der das begriffen hat, ist vom Tun, Machen, Herstellen zum Sich-Öffnen und Empfangen übergegangen – wobei dieser Übergang wiederum empfangen wird und nicht gemacht werden kann. Für das Gefunden–Werden bekommt, was dem Menschen im Leben geschieht und auf ihn zukommt, besondere Bedeutung.

Maria, eine andere weihnachtliche Gestalt, steht für dieses Sich-Finden-Lassen: „Mir geschehe nach deinem Wort” erwidert sie dem Engel, der ihre Schwangerschaft mit „dem Sohn des Höchsten” ankündigt, „der den Thron seines Vaters David bekommt”. Was bedeuten diese Worte? Auch für Maria wird diese Ankündigung viele Fragen aufwerfen und viele Unsicherheiten auslösen. Doch in ihrer schlicht ausgedrückten Bereitschaft bekundet sie ihre Offenheit und Empfänglichkeit für das, was auf sie zukommt.

Zweimal wird von Maria gesagt, sie „bewahre und bewege die Worte und Ereignisse in ihrem Herzen”. Dies ist wohl ihre Art, Geschehenes, vor allem schwer zu Verstehendes, zu bewältigen. Und es ist die Weise, wie aus Enttäuschungen, – wie etwa den Jerusalem-Erfahrungen der Magier – Ent–täuschungen und Lernerfahrungen werden, in denen der Mensch von Begriffen und Vorstellungen zu einem Wissen hinfindet, das nicht weiß, und doch ganz gewiss ist. In dieser Weise ist Maria dahin gekommen mit ihrer ganzen Existenz zu „wissen”, dass ihr Sohn die Erscheinung der Güte und Menschenliebe Gottes ist, dessen, dem unsere über alleWelt hinausgehende Sehnsucht gilt. In der Art dieses Wissens ist sie fähig, unter dem Kreuz ihres Sohnes zu stehen und auszuhalten.

Das Gute im Leben, Erfolg, Trost bestätigt uns und ermutigt uns, den Weg weiterzugehen. Hingegen wohnt dem Störenden, Enttäuschenden, anscheinend Sinnlosen, wenn es im Herzen bewahrt und bewegt wird, die Chance inne, das eigene Selbstverständnis und In-der-Welt-Sein zu verwandeln. Bei diesem Prozess der Neuschöpfung wird nichtwissend wissend die Quelle des Lebens berührt, aus der Vertrauen, Hoffnung und Liebe ins eigene Leben – und darüber in die Welt – fließen.