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Wir sind hier nicht bei WÜNSCH DIR WAS, sondern bei SO ISSES!

Petra Maria Hothum SND, Juli 2014

„Wir sind hier nicht bei WÜNSCH DIR WAS, sondern bei SO ISSES!“

In diesem kurzen, eindrücklichen Slogan hatte ein Teilnehmer unserer Ausbildung im vergangenen Jahr beim Ashram-Jubiläum zusammengefasst, worum es hier im Ashram Jesu geht. Ein kleines Plakat mit diesen Spruch, das er entworfen hatte, hat seither seinen Platz in einem Winkel unseres Essraumes, und immer wieder werden Gäste des Ashram darauf aufmerksam. Interessant ist, welch unterschiedliche Reaktionen der Spruch hervorruft: Sie reichen von Erstaunen über Abwehr, Unverständnis, ja sogar Ärger bis hin zum Empfinden von Ermutigung, Freude, ja Faszination. Besonders eindrücklich war für mich die Reaktion einer Frau, die vor kurzem einen unserer Kurse besucht hat. Sie erzählte mir, dass sie auf einem Foto im Internet den Spruch entdeckt hatte und dies den letzten Ausschlag dafür gegeben habe, endlich einmal in den Ashram zu kommen. Sie folgte ihrem spontanen Impuls: „Da muss ich unbedingt hin!“

Wie kommt es zu einer solchen Reaktion? Was ist so einladend an diesem „SO ISSES“, dass man sich deshalb tatsächlich auf den Weg macht? Immerhin ist ja das, was ist, vielfach gar nicht so erstrebenswert, außergewöhnlich oder erhebend – oft genug vielleicht sogar das Gegenteil davon! Warum also unbedingt hin zu einer Lebensschule, in der das Lernprogramm v.a. darin besteht, bei sich einzukehren, auszuhalten und in der Wahrnehmung der eigenen Wirklichkeit zu verweilen?

Ich glaube, dieses „SO ISSES“ rührt an eine tiefe Sehnsucht in uns, der Mensch sein zu dürfen und zu können, der man in Wahrheit ist, aus seinem Inneren zu leben und zu handeln, im Kontakt zu sein mit sich selbst und der Wirklichkeit, wie sie ist.

Nur zu gut kennen wir jedoch die „WÜNSCH DIR WAS“-Antreiber in uns und um uns, die auf unterschiedlichste Weisen zu immer mehr und spektakulärerem Haben-, Erleben-, Erreichen-, Verhindern-Müssen animieren. Der Druck dieser Antreiber – nicht selten unbemerkt von uns – kann enorm und unersättlich sein. Zwar können wir unter dem Einfluss dieses Regimes durchaus Momente kurzfristiger Befriedigung und punktuellen Wohlbefindens erleben, doch bleiben wir auf lange Sicht unerfüllt und mit dem Verlangen nach immer noch mehr zurück. Um dem nachzukommen, funktionieren und re-agieren wir, erfüllen an uns gestellte Erwartungen, spielen unsere Rollen, drücken Knöpfe oder ziehen Fäden – und verlieren dabei immer mehr den Menschen aus dem Blick, der wir selber wirklich sind.

Der Weg aus dieser Dynamik führt über das Innehalten und das geduldige Verweilen bei dem, was man jeweils von sich selbst spürt. In diesem Aushalten bei sich selbst kann man bemerken, wie es einem wirklich geht, was einen beschäftigt und antreibt, wohin die eigene Sehnsucht geht. Und im liebevollen Daseinlassen dessen, was ist – gleich ob angenehm oder unangenehm, willkommen oder störend – kann sich langsam etwas klären und vielleicht ein nächster Schritt zeigen.

Solches Innehalten und Bei-Sich-Verweilen ist sicher immer wieder auch schmerzlich und eine Herausforderung. Aber letztlich ist es immer wieder wohltuend, stärkend und befreiend, Kontakt zum eigenen Inneren zu finden und sich je neu seinem „SO ISSES!“ zu stellen.

In diesem Sinne wünsche ich Euch und Ihnen einen wohltuenden, erholsamen Sommer, der neben manchen äußeren Erlebnissen und Reisen auch Zeiten der inneren Einkehr mit sich bringt.