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Corona und Achtsamkeit

Petra Maria Hothum SND, Juni 2020

Neben der Herausforderung sehen wir auch eine echte Chance, die Corona in sich birgt, ein wichtiges Lern- und Übungsfeld, das uns allen jetzt aufgegeben ist – hier in unserer Lebensschule, aber auch und vor allem im jeweiligen Alltag zu Hause. Die neuen Gegebenheiten und Abläufe laden ein zu einem vertieften Üben von Achtsamkeit, zur aufmerksamen, wachen und geduldigen Begegnung mit der Wirklichkeit, wie sie jetzt nun einmal ist. Sie laden ein zu merken, was ich eigentlich vollziehe oder vielleicht gerade nicht vollziehen kann und wie es mir damit geht. Sie laden ein, die anderen, mich selbst und den je eigenen notwendigen Raum bewusst wahrzunehmen, zu respektieren und zu schützen. Sie laden ein zu entdecken, was wirklich nötig ist, was ich tatsächlich brauche und was ich vielleicht auch lassen kann oder sollte. Sie laden ein, Mangel und Einschränkung nicht einfach spontan abzuwehren oder auf irgendeine Weise zu kompensieren, sondern an mich heranzulassen und zu durchleben.

Wenn ich auf mein eigenes Erleben in den vergangenen Wochen zurückschaue, haben sich mir u.a. manche Alltagssituationen eingeprägt, in denen ich in meiner üblichen Routine unterbrochen, ja in denen ich förmlich angehalten wurde. So etwa, wenn es darum ging, „mal eben schnell” eine Kleinigkeit zu besorgen, was aufgrund vieler Regeln und Beschränkungen dann doch nicht „mal eben schnell” ging und mitunter auch gar nicht gelang, weil nämlich Zeit- oder Geduldbudget nicht ausreichten oder das Gewünschte einfach nicht vorhanden war.

Selbstverständlichkeiten waren plötzlich aufgehoben, und so lästig und nervig ich das in mancher konkreten Situation vielleicht fand und finde, merke ich aufs Ganze gesehen doch, dass solche Erfahrungen, wenn ich sie bewusst an mich heranlasse, letztendlich eine öffnende, ernüchternde und zentrierende Wirkung haben. Und für diese kleinen Alltags-Lektionen in Corona-Zeiten bin ich wirklich dankbar – auch wenn mir und uns allen eine Welt ohne Corona natürlich lieber wäre.

Dennoch: Vergleichbares habe ich in letzter Zeit immer wieder auch von anderen gehört, so etwa:

„Im Augenblick fällt so manches weg, was man gar nicht mehr zurück haben möchte.”
„Ich habe durch diese Zeit mehr gewonnen als verloren.”
„Diese Situation bringt mich an Grenzen, aber ich merke, dass sich auch ganz neu etwas öffnet.”
Und für manch einen hat in das eigene Zuhause neben der Arbeitsweise des Home-Office auch die Lebensweise des „Home-Ashram”, unsere online-Angebote, mehr Eingang gefunden.